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Montag, 13. August 2012

Prophylaktisch erschossen


Aus aktuellem Anlass reaktiviere ich mal mein Blog. Es geht nämlich um eine kurze Meldung zur Nachrichtenlage: am Sonntagnachmittag wurde ein Mann von der New Yorker Polizei erschossen. Beinahe unter meinem Bürofenster. EXAKT vor der Tür der Chipotle-Filiale, wo ich für gewöhnlich montags (so auch heute, nicht einmal 24 h nach dem Schusswechsel) zu Mittag esse.

Es gibt dazu zahlreiche Videoclips auf Youtube und auf diversen Nachrichtenseiten. Die Polizei hat den Mann nämlich in aller Ruhe vom Times Square ausgehend sieben Blocks die 7th Avenue hinunter verfolgt, mit der Pistole im Anschlag. Umringt von Passanten, die fleißig mitgefilmt haben. Auf Höhe der 37. Straße hat der Mann dann angeblich ein Messer gezückt und wollte auf die Polizisten losgehen, die ihn daraufhin vorsichtshalber erschossen haben.

Von zwölf Schüssen trafen sechs. Wie gesagt, die Szenerie war umringt von Passanten.

Sicherlich sollten die Schüsse nur mannstoppende Wirkung haben. Daher haben die Polizisten gewiss nur auf die Beine gezielt, versehentlich aber auch den Oberkörper und die Arme getroffen. Naja, wer auf kurze Distanz nur mit sechs von zwölf Schüssen trifft, ist eben kein zielgenauer Schütze.

Der Schusswechsel selber ist auf den Videos, die ich gefunden habe, leider nicht zu sehen. In allen anderen Szenen hatten die Polizisten aber immer gute zehn bis fünfzehn Meter Abstand zum Täter (oder Opfer?). Wenn top ausgebildete Beamte wie die New Yorker Polizisten auf so "kurze" Distanz von einem offensichtlich verwirrten Menschen angegriffen werden, greifen diese eben nicht zu Taser oder Schlagstock oder, ganz banal, zu einem Ausweichmanöver. Nein, da wird erstmal geschossen und danach kann man immernoch weitersehen. Immerhin: Taser und Schlagstock waren gerade nicht greifbar, weil man bereits mit der Pistole in der Hand auf den Mann angehalten hatte. Sieben Blocks lang.

Um eines klarzustellen: ich billige jedem Polizisten zu, sich notfalls mit "tödlicher Gewalt" ("deadly force", wie man hier sagt) in Selbstverteidigung gegen einen Angreifer zu wehren. Allerdings stellt sich in diesem Fall sehr deutlich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel. Und das ohnehin nicht eben positive Bild der amerikanischen (und besonders der New Yorker) Polizei wird wieder einmal bestätigt.

Der meiner Ansicht nach ansonsten recht vernünftige New Yorker Bürgermeister Bloomberg fand den Einsatz übrigens "verhältnismäßig" und "besonnen". Vermutlich wird er kurz überschlagen haben und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass zwölf Patronen den Staat und die Stadt New York nicht so teuer kommen wie ein längerer Prozess und Gefängnisaufenthalt. Volkswirtschaftlich haben die Polizisten also vorbildlich gehandelt. Zumal der Mann auch offenbar arbeitslos war und es somit keinen nennenswerten Steuerzahler und Konsumenten dahingerafft hat.

Bleibt noch zu erwähnen, wie der Dahingeschiedene überhaupt die Aufmerksamkeit der Polizisten erregt hat. Nun ganz einfach:

Er hat auf dem Times Square Marihuana geraucht.

Pöser Pursche.

2 Kommentare:

  1. Tja, hätten sie mal einen Cowboy gehabt der mit nem Lasso umgehen kann.

    Ist schon bitter, dass man ihn einfach so erschossen hat, zumal Erschießen aufgrund all der Passanten hätte eigentlich keine Option sein sollen.

    Aus einigen Kommentaren bei Youtube geht aber hervor, dass man wohl auf den Torso schießt, bis der Körper am Boden liegt, damit will man das Risiko von Schüssen die daneben gehen vermeiden.
    Geschossen haben übrigends nur 2 von all den Polizisten.

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  2. Na, das auf-den-Torso-Schießen-damit-nichts-daneben-geht hat ja super geklappt ;-)

    Dass nur zwei Polizisten geschossen haben, hatte ich unabsichtlich vergessen zu erwähnen. Ich kenne die Bewaffnung der NY-Polizei nicht, aber 2 x 6 Schüsse klingt für mich so, als hätten da zwei Cops ihre Magazine leer gemacht...

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