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Dienstag, 11. Oktober 2011

Transferleistungen

Einige von euch wissen, dass ich in meinem Job unter anderem mit der Erstellung von Angeboten an Kunden befasst bin und in meiner Tätigkeit als Produktmanager unter anderem auch an Abschätzungen arbeite, ob sich mit einem Produkt über einen gewissen Zeitraum Geld verdienen lässt. Im weitesten Sinne stehen da sogenannte "Geschäftsmodelle" hinter, also Überlegungen, welche Lieferungen und Leistungen man welchen Kunden zu welchen Konditionen anbieten kann. Und zwar möglichst so, dass beide Seiten gut damit leben können.

Da ich sowas eher aus einem technisch-nüchternen Blickwinkel betrachte, unterstelle ich mir mal eine gewisse Seriosität. Mit anderen Worten: wenn etwas Geld kostet, soll auch ein angemessener Mehraufwand bzw. Mehrwert erkennbar sein.

Und nun sprechen wir mal über Banken.

Bislang galten meine Rants mit Vorliebe amerikanischen Banken. Nun müssen wir ausnahmsweise mal über meine deutsche Bank, die DKB, reden. Wobei meine Ausführungen wohl auch auf andere Banken in ähnlicher Weise zutreffen dürften.

Vorab: eigentlich bin ich mit der DKB sehr zufrieden. Die DKB bietet mir ein kostenloses Girokonto mit kostenloser Visa-Karte, mit der ich weltweit kostenlos Geld abheben kann. Auch in den USA. Soweit, so gut.

Vor diesen Hintergrund las ich vor einiger Zeit im Preis- und Leistungsverzeichnis der DKB folgendes (sinngemäß):
Gebühren für Auslandsüberweisungen bis 12.500 €: 12,50 €

Gebühren für Auslandsüberweisungen über 12.500 €: 1,0 ‰, max 150 € 
Aaaaaaaaaha. Wenn die Bank also die Chance hat
  • das Geld rein virtuell von einem Konto auf ein anderes zu schieben
  • ohne einen kostenintensiven Mitarbeiter zu involvieren 
  • ohne einen Geldautomat zu kaufen, warten und füllen zu müssen
kostet dies zwischen 12,50 € und 150 €. Wobei die Gebühr und damit der ihr offenbar zugrunde liegende Aufwand vollkommen unerklärlicherweise mit der Höhe des Überweisungsbetrags ansteigt. Gerade so, als würde das virtuelle Geld von Hand in virtuellen Ein-Euro-Münzen durch die Kabel geklingelt.

Wenn ich mich dagegen hier in New York an einen Geldautomaten stelle, mir mit meiner DKB-Kreditkarte kostenlose Dollars ziehe und sofort danach die gleichen Dollarscheine in den gleichen Automaten als Einzahlung auf mein Ami-Konto zurückfüttere, ist das kostenlos.

Bin ich der einzige, dem das absurd vorkommt?

Grün bedruckte, plattgekloppte Zweige (Papiergeld) sind in der Welt der Banken also offenbar das günstigste Datenaustauschformat. Elektronischer Datenaustausch ist dagegen teuer. Aber nicht jeder elektronische Datenaustausch. Nur der, der mit Direktüberweisungen verbunden ist. Das sind böse Daten. Nicht aber der Datenaustausch, der zwischen dem amerikanischen Automaten und dem deutschen Konto bei der Barabhebung stattfindet. Der ist billig. Der kostet nichts. Das sind gute Daten.

So also sehen die Geschäftsmodelle eben jener Branche aus, die in den letzten Jahren zu Recht eine Art Vorbildcharakter für wirtschaftliches, vernunftbasiertes und nachhaltiges Handeln eingenommen hat: der Finanzsektor. Der Kunde zahlt nicht zu knapp für aufwandsfreie, mehrwertarme Nullleistungen wie eine Direktüberweisung, während echte Aufwände wie die Unterhaltung eines Automatennetzes versteckt und verschmiert werden.

Ich sehe schon, ich muss noch viel lernen...

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