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Mittwoch, 11. Januar 2012

Low-Tech-Land, Teil 1

Man fragt sich hier ja unweigerlich, wie es die USA so weit gebracht haben. Denn viele alltägliche Dinge sind hier erstaunlich schlecht gelöst und jeder, der seinen Verstand nicht bei der Einreise abgegeben hat, kann über manches nur staunen.

Schauen wir uns doch mal ein wenig im Haus bzw. im Haushalt um. Da hätten wir beispielsweise Türen. Einfache Zimmertüren. Man sollte doch meinen, dass eine Nation, die immerhin den Mikrochip erfunden hat und aus dem Wohnzimmer heraus mittels unbemannter, ferngesteuerter Drohnen samt Scharfschützengewehr Leute abknallen kann, mit der Komplexität einer Zimmertür klarkommt.

Mitnichten.

Schaut euch mal das nebenstehende Bild an.
Es zeigt einen Ausschnitt meiner Schlafzimmertür. Zwei Dinge sollten euch dabei auffallen. Zum einen ist das Türblatt als einfacher "Kasten" oder "Quader" ausgeführt. Zum Vergleich: deutsche Türblätter sind auf einer Seite etwas größer, so dass das Türblatt bei geschlossener Tür am Rahmen anliegt. Offensichtlicher Vorteil: selbst wenn der schmalere Teil des Türblatts sich nicht ganz passgenau in den Rahmen fügt, entsteht trotzdem kein Schlitz zwischen Tür und Rahmen. Denn der wird vom größeren Teil des Türblatts verdeckt. Äääääh. So ungefähr:


Schnitt durch eine Tür. Rot: Türrahmen. Schwarz: Türblatt. Links: Deutschland. Rechts: God's own country.

Zwar hat auch die US-Tür einen Anschlag und sollte theoretisch dicht sein. Da es aber unsere Grobmotoriker hier nicht so mit Präzision, Maßhaltigkeit und rechten Winkeln haben, schließt hier keine Tür richtig. Überall scheint z. B. Licht durch. Und es zieht. Und der Schall wird nicht so gut gedämmt. Es ist auch unnötig zu erwähnen, dass hier Zimmertüren grundsätzlich ohne Dichtlippe ausgeführt werden. Und was die Präzision angeht: der Schlitz an der Wohnungstür meiner Übergangswohnung war beispielsweise so groß, dass ich von innen am Türanschlag vorbei auf den Außenflur schauen konnte!

Da drängt sich natürlich die Frage auf, warum hier nicht die augenscheinlich bessere, "gestufte" Konstruktion wie in Deutschland verwendet wird. Ehrliche Antwort: ich weiß es nicht. Aber meine Vermutung ist, dass die Amis die andere, etwas kompliziertere Konstruktion wohl nicht können. Oder wollen. Es war halt schon immer so. Ganz früher war das Türblatt nunmal ein einfaches Brett, quadratisch, praktisch, gut. Und so ist es im Prinzip bis heute geblieben. Und wer was anderes will, ist ein Terrorist.

Mein zweiter Kritikpunkt an den amerikanischen Türen ist der allgegenwärtige Drehknauf. Sagen wir es ganz ehrlich und frei heraus: das ist eine Seuche. Es ist beispielsweise vollkommen unmöglich, eine Tür zu öffnen, wenn man mal gerade keine Hand frei hat. Im Alten Europa drückt man in solchen Situationen einfach die Klinke mit dem Ellenbogen runter und geht durch die Tür. In den USA muss man dagegen seine Last absetzen oder jemanden um Hilfe bitten, um den vermaledeiten Knauf zu drehen. Ganz abgesehen davon finde ich grundsätzlich die An-den-Knauf-packen-und-drehen-Bewegung im Alltag komplizierter als einfach der Schwerkraft nachzugeben und eine Klinke runterzudrücken. Jedenfalls hoffe ich, dass der Erfinder des Drehknaufs in einem der weiter innenliegenden Kreise der Hölle gelandet ist, wo die Temperaturen etwas höher und die Marterwerkzeuge etwas stumpfer sind.

Der Fairness halber muss ich leider zugeben, dass es hier auch einige wenige Zimmertüren mit Klinke gibt. Aber die taugen ebenfalls nichts, da man die Klinke um ca. 60° drehen muss und der Schnapper erst zwischen 58° und 60° die Tür freigibt. Davor ist Leerlauf. Unnötig zu erwähnen, dass man eine solche Tür ebenfalls nicht mit vollen Händen öffnen kann (man rutscht mit dem Ellenbogen ab, bevor die Klinke weit genug gedrückt ist) und die Bedienung im Alltag nicht sehr ergonomisch ist.

Und wo wir gerade beim Verschließen von Löchern in Wänden sind: die Fenster hier taugen ebenfalls nichts. Sind alles Schiebefenster. Entweder zum horizontalen oder vertikalen Schieben. Ich liebe beispielsweise mein Schlafzimmerfenster. Zum Öffnen muss ich es von links nach rechts schieben und wenn ich die Kraft zum Schieben nicht einigermaßen mittig am Fenster einleite, verkeilt es sich und lässt sich gar nicht mehr bewegen. Groß. Gaaaaanz groß.

Zudem möchte ich noch die Frage in den Raum stellen, welche Fenster wohl besser und dichter schließen: Ein Kippfenster wie in Deutschland, das beim Schließen mittels Hebelkräften gegen zwei oder drei Gummidichtungen gepresst wird? Oder ein US-Fenster, das man beim Schließen einfach mehr oder weniger schwungvoll in eine einfache Dichtung rammt, sofern es sich nicht kurz vorm Ziel verkantet? Dreimal dürft ihr raten, aber die ersten beiden Male zählen nicht.... ;-)  Ach so, bevor ichs vergesse: je schwungvoller man das Schiebefenster schließt, desto schwieriger lässt es sich natürlich beim nächsten Mal öffnen....

Auch beim Fenster gilt also: primitive Konstruktion, offensichtliche Nachteile, bessere Lösungen anderswo vorhanden. Und auch hier vermute ich: ein Kippfenster wie in Deutschland stellt wohl einfach zu hohe Anforderungen an die Präzision und Komplexität bei Fertigung und Montage. Anders kann ich mir nicht erklären, warum die Leute hier mit solch minderwertigen Lösungen zufrieden sind.

Aber so ist das nunmal in einem Low-Tech-Land wie den USA.

1 Kommentar:

  1. mir ging es genauso :) jeder USA Besucher/Bewohner macht wohl die gleichen Erfahrungen

    am besten fand ich immer Schiebefenster mit Alurahmen :P damit sich auch garantiert schimmel bildet, am besten einfach verglast ;)

    ach ja… isolierung ist ja eh out im land der vereinigten staaten

    und bei substantiellen dingen wie einer doppelten halbsteinwand oder gar einem FUNDAMENT braucht man garnicht erst ansetzen :P

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