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Mittwoch, 22. Juni 2011

Passierschein A38 (vulgo: "Visum")

So, es ist geschafft. Die befreiende Mitteilung des Botschaftsmitarbeiters heute gegen 10:30 Uhr: "Your visa has been approved.". Unmittelbar vorher hatte ich noch schnell mündlich versichert, bislang noch nicht mit der Polizei in Konflikt geraten zu sein. Vermutlich gab das den entscheidenden Ausschlag!

Wer wissen möchte, wie so ein Botschaftsbesuch abläuft, sollte sich zur Einstimmung vielleicht die berühmte Asterix-Szene "Passierschein A38" anschauen. Das ist verdammt nah an der Realität.

Genau wie Asterix muss man als Antragssteller ebenfalls mehrere verschiedene Formulare ausfüllen und mitbringen, um überhaupt in die Nähe eines Schalterbeamten zu kommen. Mit diesen Zetteln nebst Reisepass schlägt man dann beim "Generalkonsulat der Vereinigten Staaten von Amerika" auf, das sich erstaunlich gut per U-Bahn vom Hbf aus erreichen lässt.

Vor dem Besuch sollte man die umfangreichen Sicherheitsrichtlinien für das Betreten der Botschaft verinnerlichen. Sie lassen sich am ehesten übersetzen zu:
"Kommen Sie in Badehose. Erlaubt sind darüber hinaus maximal acht Seiten A4-Papier zzgl. Reisepass. Alles andere stellt ein Sicherheitsrisiko dar."
Die Liste der verbotenen Gegenstände ist ebenso lang wie absurd. Das haben offenbar die Amerikaner schon selber erkannt und erklären vorab:
"Während die meisten dieser Gegenstände offensichtlich ein Sicherheitsrisiko darstellen, enthält die Liste auch einige alltägliche Gegenstände."
Aha. Na sieh mal einer an. Beispiele für derartige alltägliche, aber verbotene Gegenstände sind:
ELEKTRISCHE, ELEKTRONISCHE ODER BATTERIEBETRIEBENE GERÄTE  - einschließlich,  aber nicht begrenzt auf: Handys, Computer, Notebooks, Abspielgeräte wie Walkman, CD-Player, DVD-Player, MP3-Player, iPods, Palm-Pilots, USB-Sticks, Kameras, Videokameras, Taschenrechner, Haartrockner und Rasierapparate, Gameboys und elektronisches Spielzeug.
Mein schöner Plan, den Botschafter mit meinem USB-Stick zu ermorden oder zwei bis vier Botschaftsgebäude mit einem Taschenrechner zu sprengen, ist damit gescheitert. Auch meinen waffenfähigen Gameboy musste ich zuhause lassen. Verdammt. Also doch einfach nur ein Visum beantragen.
Darum gehts! So sieht ein US-Visum im Reisepass aus.
(Quelle: Wikimedia Commons, User Muzi, Public Domain)

Die Schlange vorm Botschaftsgebäude war um 8:45 Uhr morgens bereits 100 m lang. Schon auf dem Bürgersteig ging ein Botschaftsbeamter rum und kontrollierte die Anstehenden auf Vollständigkeit der mitgebrachten Unterlagen. Wer nicht alles dabei hatte wurde gleich ausgesiebt und durfte nicht weiter anstehen bzw. die nachfolgenden Stationen blockieren. Gar nicht doof.

Die erste Schlange mündet an einer Rezeption, die einem eine Wartenummer wie an der Fleischtheke zuweist. Von da geht es in weitere Schlange, noch immer draußen, quasi parallel zur ersten Schlange. Merke: Visa nur im Sommer beantragen!

Diese zweite Schlange ist die Security-Warteschlange. Ein Sicherheitsmensch der Botschaft geht diese Schlange beständig auf und ab und spielt Monty Python: "Zum Visumsantrag?" - "Ja." - "Darf ich Ihre Wartenummer sehen? Danke. Irgendwelche elektronischen Geräte dabei?" - "Nein." ..... "Zum Visumsantrag?" - "Ja." - "Darf ich Ihre Wartenummer sehen? Danke. Irgendwelche elektronischen Geräte dabei?".... usw. Ich frage mich, wie dieser arme Mensch später klarkommt, falls er diesen Job für einige Jahre an fünf bis sechs Tagen in der Woche macht.

Zum Security Check geht es dann ins erste Gebäude. Der Check selber läuft ab wie am Flughafen und war ziemlich ereignislos. Von dort geht es mit der Wartenummer im Anschlag über einen Innenhof und weiter in einen grooooßen Raum mit ca. 25 Schaltern. Hier findet der eigentliche Antragsvorgang statt.

Auch der ist - ich muss es zugeben - sehr gut organisiert. Acht der 25 Schalter sind dazu vorgesehen, nach Aufruf der Wartenummer seine Dokumente und Fingerabdrücke abzugeben. Das geht recht schnell und daher sind acht Schalter genug. Nach Abgabe der Dokumente wartet man erneut auf den Aufruf der Wartenummer und geht dann zu einem der restlichen Schalter, um ein kurzes, harmloses "Interview" zu führen, an dessen Ende die mündliche Erteilung des Visums steht. Das Verhältnis der Anzahl der "Abgabeschalter" zur Anzahl der "Interviewschalter" entspricht geschickterweise ungefähr dem Zeitverhältnis der beiden Vorgänge. Dadurch ist ein ziemlich konstanter Durchsatz gewährleistet.

Zwischen meiner Ankunft an der Botschaft und dem Verlassen lagen ziemlich genau zwei Stunden. Und obwohl ich verzweifelt einen Grund suche, muss ich sowohl über die Dauer als auch über die Art der Abwicklung sagen: da kann man nicht meckern.

Der Reisepass wird übrigens einbehalten und dann mit Visum nach ca. einer Woche zugeschickt. Nun kann mir das amerikanische Visum also nur noch die deutsche Post versauen. Lassen wir uns überraschen!

Kleingedrucktes:
Ich vermute, dass das Verbot, Elektrokrams mitzubringen, nicht so sehr einem Sicherheits- als vielmehr einem Effizienz-Gedanken entsprungen ist. Wenn Wartende wegen ihres überlauten MP3-Players ihren Aufruf verpennen oder nach Aufruf erstmal 5 Minuten den Laptop runterfahren, hält das den ganzen, straff durchorganisierten Laden auf. Von daher finde ich das Verbot nachvollziehbar.
Und: vom Chaos aus der A38-Szene mit Asterix war in der Botschaft überhaupt nichts zu spüren. Aber ich fand es trotzdem einen guten Aufhänger.   ;-)

    2 Kommentare:

    1. darf man den Reisepass den einfach so in 3. Hände geben? also als deutscher Staatsbürger?

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    2. DAS habe ich mich anfangs auch gefragt! Allerdings gibt es mehrere Gründe, die dafür sprechen:

      * Es ist ein Standardverfahren für Visaanträge für viele Länder

      * Du kannst Dir extra einen zweiten Pass ausstellen lassen, damit Du den anderen für solche Zwecke abgeben kannst und trotzdem reisefähig bist

      Unsere Behörden scheinen also dieses Vorgehen nicht nur zu dulden, sondern sogar zu unterstützen!

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