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Montag, 5. September 2011

Welcher Fehler steckt in dem Bild?

In wenigen Tagen, am 11. September 2011, jähren sich die Anschläge auf das World Trade Center zum zehnten Mal. Selbstverständlich wird man für solch ein rundes Jubiläum vorher noch ein wenig aufräumen, ausmisten und durchputzen, denn schließlich möchte man sich ja bestmöglich präsentieren.

So ist es beispielsweise noch rechtzeitig gelungen, den Staatsfeind Nr. 1, Osama Bin Laden, aufzuspüren und hochzunehmen. Dank des umsichtigen und besonnenen Eingreifens der Amerikaner wurde ihm humanerweise die Demütigung eines langen Gerichtsprozesses erspart und er wurde buchstäblich direkt ins Paradies geschossen. Dort wird er nun von den berühmten 12 (?) Jungfrauen umsorgt, was in jedem Fall einem drögen Gerichtssaal vorzuziehen ist.

Auch das Symbol für 9/11 schlechthin, Ground Zero und der Wiederaufbau des WTC, kommen voran. Wenn ich alles richtig mitbekommen habe, wurde vor einigen Tagen die Fertigstellung des 80. Stockwerks des ersten neuen WTC-Gebäudes verkündet. Yes, we can! Und ich weiß nicht, ob es Zufall oder Absicht ist, aber die beiden Kräne auf dem Dach der Baustelle stehen nach Feierabend immer so, als würden sie ein V wie das berühmte "Victory"-Zeichen in den Himmel über Manhattan schreiben. Vielleicht sind es aber auch einfach nur Häschen-Ohren...

Blick vom Broadway Richtung Ground Zero. Im Vordergrund die
St. Paul's Chapel, dahinter die WTC-Baustelle mit den "Victory"-Kränen

Blick von Battery City aus nach Ground Zero. Im
Vordergrund... äääh... ein Hot-Dog-Wagen, dahinter
die WTC-Baustelle mit der bereits teilverglasten Fassade

Auch in den U-Bahnen rüstet man sich für das zweifelhafte Jubiläum. Mir kommt es vor, als wenn pünktlich seit dem dem 11.08. ‒ also genau vier Wochen vor dem großen Stichtag ‒ die Polizei- und Militärpräsenz in den weitläufigen Tunneln deutlich zugenommen hat. Beispielsweise gehe ich nun täglich an mehreren Zweiertrupps vollgerüsteter Soldaten samt vor den Bauch geschnalltem Maschinengewehr vorbei. Ich weiß nicht, wieviele Tage ihrer Grundausbildung diese Friedenshüter auf das Antrainieren eines grimmigen Gesichtsausdrucks verwenden. Jedenfalls gelingt ihnen die Grimasse hervorragend und ergänzt durch MG, schusssichere Weste und etwa 20 kg weiterer Kampfausrüstung machen sie einen durchaus furchterregenden Eindruck. Allerdings frage ich mich manchmal, ob ich in meiner leichten Alltags-Sommerkleidung im Zweifel nicht schneller laufen und mich besser durch das Menschengewühl lavieren könnte als diese vollverchromten Elite-Soldaten. Irgendwas hielt mich aber bislang davon ab, es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Wenn ich mal unangekündigt mehr als eine Woche hier nichts schreibe, könnt ihr davon ausgehen, dass der Versuch gescheitert ist.

Außer dass sie also morgens an den aufgestellten Truppen der US-Army vorbeieilen, haben ausgewählte Fahrgäste noch das Vergnügen, den Inhalt ihrer Taschen auf extra aufgestellten kleinen Rollwägelchen auszubreiten und sich durchsuchen zu lassen. For your own safety!

Damit wir uns nicht falsch verstehen: ich sehe durchaus, dass die Menschenmassen in den öffentlichen Verkehrsmitteln ein leicht zugängliches Top-Ziel für terroristische Aktivitäten darstellen. Zumal man in der Enge einer U-Bahn-Röhre ähnlich ausgeliefert und hilfslos ist, wie in einem Flugzeug hoch über dem Erdboden. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass in der U-Bahn über einem entweder tausende Kubikmeter Hudson-Wasser oder tausende Kubikmeter Hochhausbeton stehen, die nur darauf warten, sich in einen angeschlagenen / angesprengten Tunnel zu stürzen, wünscht man sich geradezu in ein Flugzeug. Mein leicht sarkastischer Unterton in den letzten Abschnitten rührt also nicht daher, dass ich die Gefahr unterschätze, sondern daher, dass ich nicht glaube, dass die paar Soldaten an den Ein- und Ausgängen der Bahnstationen wirklich eine Reduzierung der Bedrohung darstellen. Ihr größter Beitrag wird also wohl nicht darin liegen, potentielle Terroristen aufzugreifen, sondern eher darin, die Bevölkerung zu beruhigen. Allerdings dürfte wohl jeder, der sich auch heute noch den Luxus erlaubt, selber nachzudenken, hinsichtlich der Wirksamkeit der Soldaten wohl bald zu ähnlichen Schlüssen kommen wie ich.

Aber glücklicherweise haben wir nicht nur das Militär, sondern hier in den USA halten sich die meisten Bahnbetreiber auch noch ihre eigene Polizei. Ich bin da noch nicht ganz hintergekommen, aber diese "Bahnpolizisten" haben wohl tatsächlich ähnliche Befugnisse wie "richtige" Polizisten, nur dass ihr Wirkungsbereich auf die Bahnanlagen beschränkt ist. Sie sind also definitiv mehr als nur ein privater Sicherheitsdienst.

Die Polizei, die für "meine" Bahn zuständig ist, das "Port Authority Police Department" (PAPD), hat sich aufgrund der immanenten Terrorgefahr auf eine Variante des Crowdsourcing verlegt. Mit Plakaten und in letzter Zeit verstärkt auch durch Lautsprecherdurchsagen werden alle Fahrgästen zur Mitarbeit bei der Überwachung aufgefordert: "Stay Alert. Be Aware. Speak up.". Also in etwa: "Sei wachsam und mach den Mund auf, wenn Dir was komisch vorkommt". Die zugehörigen Plakate sind durchaus drollig:

Auf den Hund gekommen. Plakat in der PATH.
(Quelle: Port Authority Police Department, PAPD)

72 (sichtbare) Bildschirme für 10 (sichtbare) Augen.
So entsteht in NY ein Plus an Sicherheit!
(Quelle: PAPD)
Am schönsten finde ich aber das folgende Bilderrätsel, das als Plakat in vielen Zügen die Fahrgäste zum Grübeln bringt:

Naaaa, wo mag wohl der Fehler in diesem Bild stecken?
(Quelle: eigene Fotoaufnahme eines PAPD-Plakats)

Tja, wo mag wohl der Fehler in diesem Bild stecken? Viele sagen: "Der herrenlose Pappkarton dahinten... das ist bestimmt 'ne Bombe!". Mir ist dieses Gerede von einsamen Gepäckstücken immer schleierhaft. Bei allen Attentaten in den letzten Jahren ‒ von 9/11 über irgendwelche gescheiterten Schuhbomber bis hin zu den beinahe täglichen Anschlägen im Nahen Osten ‒ haben (islamistische) Terroristen bewiesen, dass sie ihren Bomben mit Vergnügen beim Explodieren zuschauen. Ein herrenloser Koffer ist also wohl nur in sofern eine "schmutzige Bombe", als dass er größere Mengen ungewaschener Unterhosen enthalten könnte.

Nein, ich glaube der Fehler in dem obigen Bild ist viel offensichtlicher: selbst zur unmöglichsten Tageszeit ist der Zug niemals so leer, wie auf dem Bild dargestellt....

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