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Montag, 12. September 2011

Tatsch-Book

Ich hatte mich hier im Blog ja bereits lobhudelnd über meinen Amazon Kindle geäußert. Die Begeisterung hat in keinster Weise nachgelassen und mittlerweile habe ich umgerechnet bereits ca. 1800 Taschenbuchseiten auf der Kiste gelesen. In meinen Augen ist das Ding super: es macht, was es soll, macht das gut und, wie ich meine, fehlerfrei. Und nein, ich kriege keine Amazon-Tantiemen, wenn ich das hier schreibe.

Umso irritierter war ich gerade über einen Zeit-Artikel von Patrick Beuth. Zitat:
Neben den zahllosen neuen Tablets aller Formen und Größen wirken E-Reader immer ein wenig langweilig. Graue Schrift auf weniger grauem Hintergrund, keine Videos, keine Kameras.
Es ist mir wirklich schleierhaft, was ein E-Reader mit einer Kamera soll. Videos könnte ich so gerade noch verstehen, will das aber eigentlich auch nicht haben, weil damit eine unendliches Fass an Datenformaten, Kodecs, Dateigrößen, Rechenleistung etc. aufgemacht wird und das will man wirklich nicht auf seinem Reader haben.

Mir ist bewusst, dass diese Meinung furchtbar unpopulär ist, aber: wozu muss man Geräte stets mit immer mehr Funktionen zumüllen, die nur dafür sorgen, dass die Biester schwerer, größer, komplizierter und vor allem fehleranfälliger werden? Von einer verkürzten Batterielaufzeit mal ganz zu schweigen.

Diese Frage stellt sich für Sony offenbar nicht, denn endlich bringen die eine echte Innovation in die Reader-Welt: einen Touch-Screen! Der Autor unseres Zeit-Artikels ist entzückt:
Das 168 Gramm leichte Gerät hat einen Bildschirm mit Multitouch-Funktion, der beim ersten Test überzeugt: Umblättern funktioniert mit Wischgesten, der Text lässt sich mit zwei Fingern vergrößern.
Dazu kann ich nur sagen: verlass mal die schöne, heile Redaktionswelt, wo der Reader regungslos auf dem Schreibtisch liegt und sich bewischen lässt. Oder wo Du beide Hände frei hast, um mit der einen das Gerät zu halten, während Du mit der anderen den Wischer machst.

Ich halte und bediene den meinen Reader zu 99% einhändig, weil ich die zweite Hand beispielsweise an der Haltestange im Zug oder, ganz trivial, im Warmen unter der Bettdecke habe. Zum Umblättern muss ich keine umständliche Wischgeste auf den Display machen, sondern lediglich einen einzelnen Finger um einen Millimeter absenken und wieder hochnehmen. Ist eine vollkommen aus der Mode gekommene Technik. Nennt sich Tastendruck. Auch wenn es die ganzen Apple-Fanboys nicht glauben wollen: ist nicht von Apple, kann man nicht vor Gericht gegen klagen und ist trotzdem ergonomisch.

Erwähnte ich bereits, dass ich durch Rumgewische mit fettigen Fingern dauernd verschmierte Displays bei E-Readern doof finde? Nein? Dann sei das hiermit nachgeholt.

Hört also bitte auf, in alles, was sich nicht aus eigener Kraft wehren kann, noch mehr Funktionen und Gadgets und Krempel reinzustopfen, die nachher alle nicht vernünftig funktionieren. Akzeptiert doch einfach, dass ein Produkt mit einem so klar umrissenen Zweck wie ein E-Reader vor allem dadurch besser wird, dass es stabiler und fehlerfreier wird. Dieses Beispiel lässt sich übrigens mühelos auf Fernseher, DVD-/BlueRay-Player, MP3-Player, Office-Software und viele andere Dinge ausweiten. Denn seien wir ehrlich: 80% der Nutzer nutzen nur 20% der Funktionen. Können wir nicht wenigstens dafür sorgen, dass die vernünftig laufen? Und der Rest ist eh nur Ballast, der im besten Fall nur die Startzeit des Gerätes erhöht.

Und so schließt sich der Kreis zum Anfang des Artikels: der Kindle macht genau das: definierter, vernünftiger Funktionsumfang, zuverlässig umgesetzt. Und genau deshalb finde ich die Kiste so toll.

Kleiner Nachsatz: diesen abgegrenztem Funktionsumfang verurteile ich bei anderen Geräten, wie beispielweise Apple-Computern, auf denen nur Software von Apples Gnaden ausgeführt werden kann. Beim Kauf eines Computers ist meine Intention aber auch eine andere: ich kaufe einen Computer als Allzweckwaffe, mit dem ich alles machen können will, was mir in den Sinn kommt. Woran ich beim Kauf noch nicht einmal denke. Deshalb akzeptiere ich dort keine Limitierungen und nehme andersrum die Komplexität bei Installation / Konfiguration gerne in Kauf. Beim Kauf eines E-Readers, um im Bild zu bleiben, habe ich diese Anforderung nicht. Das ergibt sich ja schon aus dem Namen: "E-Reader" und nicht "E-Allzweckwaffe".

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