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Donnerstag, 11. August 2011

Poststelle

Gerade eben habe ich eine Mail an das Finanzamt Braunschweig-Altewiekring geschickt, um Konto- und Adressfragen rund um die Erstattung zuviel gezahlter Kfz-Steuer zu klären. Durch den Verkauf meines Autos ist nämlich ein "Steuerüberschuss" angefallen.

Man muss dem Finanzamt zugute halten, dass sie überhaupt per Mail erreichbar sind und man die Adresse auch ganz leicht herausfindet. Okay, ich weiß nun nicht, ob die zeitnah auf meine Mail reagieren, aber davon gehe ich einfach mal aus.

Bemerkenswert finde ich aber vor allem Mailadresse als solches:

Poststelle@fa-bs-a.niedersachsen.de

Ich weiß nicht, wie es euch geht. Aber bei dem Begriff "Poststelle" sehe ich freudlose, motivationsarme, früh ergraute Amtsmänner in braunen Cordhosen und senfgelbem Hemden vor mir, die in einem kleinen Büro mit grün-gräulich gesprenkeltem Linoleumfußboden und kalter Neonbeleuchtung an diesen unbeschreiblichen hell-braun-gelb-hässlich-abgegrabbelt-funierten deutschen Standardbehördenmöbeln arbeiten. Auf einem Tisch dieser Möbelsorte stehen ein beiger, eckiger Röhrenmonitor (Gehäuse hinten schon ein wenig schwarz angelaufen) sowie ein Drucker (Laser, immerhin!) und der Poststellenbesetzer druckt dort mit unbewegter Miene die eingehenden Mails aus. Diese ausgedruckten Mails werden dann in ein Pappmäppchen gekleidet, das auf seiner Vorderseite ein Raster mit einer Unmenge an alten Kürzeln und Empfängervermerken hat, und dieses Mäppchen wandert dann auf sein Postwägelchen.

Am nächsten Morgen schiebt die Cordhose dann sein Wägelchen durch die langen, tristen, ebenfalls grün-gräulich gesprenkelten neonbeleuchteten Linoleumflure und das Mäppchen samt ausgedruckter Email landet bei einem Sachbearbeiter unter einem großen Stapel ähnlicher Mäppchen und wird das Tageslicht sobald nicht wieder erblicken.

Gruselig.

Was ich sagen will: warum wählt man für eine derartig exponierte Adresse einen Namen, der wie kaum ein anderer mit Trägheit, Behördenmief und Laaaangsamkeit assoziiert wird? Warum nicht "IhrFinanzamt@..." oder ganz banal "mail@..." oder auch "FA.Altewiekring@..."?

Wie unterschwellig negativ das Wörtchen "Poststelle" wirkt, ist mir übrigens gerade beim Schreiben dieses Artikels aufgefallen: obwohl von keinerlei negativer oder positiver Vorerfahrung  belastet, habe ich weiter oben die Frage aufgeworfen, ob meine Mail wohl zeitnah beantwortet wird.

Abschließend sollte ich anmerken, dass ich den Mitarbeitern des Finanzamts mit diesem Artikel vermutlich unrecht tue. Erstens sieht es so aus, als sei die Mailadresse landesweit zentral vorgegeben und somit außerhalb des Einflussbereichs der FA-Mitarbeiter. Zweitens, und das ist viel wichtiger, hatte ich mehrmals Kontakt zu den Mitarbeitern des FA Wilhelmstraße, weil ich dort meine Steuererklärung immer persönlich abgebe. Und auf die passen die Stereotypen, die ich oben bemüht habe, ganz und gar nicht: die Mitarbeiter sind freundlich, wirken motiviert / engagiert und zumindest der Kundenbereich ist nett und modern gestaltet. Und deren "Poststelle" ist ganz bestimmt ein Kleinod der Betriebsamkeit und Effektivität, das vom Kunden unbemerkt ruhelos im Hintergrund wirkt und werkelt.

Wie wichtig der passende Name für eine Einrichtung ist, hat übrigens auch das DLR gemerkt. 1997 hat es sich von der "Deutschen ForschungsANSTALT für Luft- und Raumfahrt" in das "Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt" umbenannt. Um die staubige "Anstalt" loszuwerden, die seit der Gründung irgendwann kurz nach 1900 namensgebend war und zunehmend negativ assoziiert wurde. So wurde also aus der Anstalt ein Zentrum. Und siehe da, plötzlich klappts auch mit den Drittmitteln...

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