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Sonntag, 31. Juli 2011

Denial of Service

"Denial of Service" (DoS), zu deutsch etwa "Verweigerung der Dienstleistung", bezeichnet in der Computerwelt eine Situation, in der beispielsweise ein Server von außen so mit Anfragen "zugeballert" wird, dass er nicht mehr antworten kann und aus Überlastung zusammenbricht. Er einem also seinen Dienst verweigert.

Ich hatte es am Freitag mit einer etwas anderen Form des DoS zu tun. Es war gegen halb sechs Uhr abends und ich musste dringend den Mietvertrag für mein möbliertes Appartement rausFAXEN, um dort am Montag einziehen zu können. Nun ist es in Zeiten von Email&Co gar nicht mal so leicht, noch irgendwo ein Faxgerät aufzutreiben. Das war die erste Hürde.

Es stellte sich heraus, dass das einzige Faxgerät in der Firma aus einer riesigen XEROX-Allround-Maschine besteht, die Drucken, Scannen, Mailen, Faxen, Sortieren, Heften, Klammern, Tackern und Pizza backen kann. Die physikalische Größe der Kiste ist proportional zu ihrem Funktionsumfang. Man findet sie im Firmennetzwerk daher auch unter dem Namen "Giant". Wenn ihr mich fragt wäre "Meteor" passender gewesen.

"Giant" sollte nun also für mich die primitive Aufgabe übernehmen, ein Fax zu versenden. Leider war Giant gerade dazu nicht willens. Giant meckerte nämlich an, dass die Kartusche mit dem Cyan-Toner leer ist. Wie ein quengelndes Kind poppte die Fehlermeldung immer wieder hoch, auch wenn man sie erst zwei Sekunden vorher quittiert hatte. Man konnte geradezu fühlen, wie dieser renitente Brocken aus Plastik und Silizium wütend mit dem Fuß aufstampfte und im nörgelnden Ton seinen Cyan-Toner verlangte.

Leider hat der Cyan-Toner nichts mit der Faxfunktion zu tun. Schlicht, weil man dafür keinen Toner braucht. Auch die "Scan es ein und schicks mir als Email"-Funktion war nicht erreichbar. Eben weil der Toner fehle, meinte die Maschine. Der Kausalzusammenhang zwischen "Toner" und "Fax/Email senden" hat sich mir zwar nicht offenbart, aber die Maschine wird wissen, was sie tut. Und als Anwender habe ich mich dem demütigst zu fügen. Ich wurde also mein Fax nicht los und der Bezug meines Appartements am Montag geriet in Gefahr. Weil das einzige "Faxgerät" im gesamten Büro aufgrund fehlenden Cyan-Toners in einen Sitzstreik getreten war.

In solchen Momenten gehe ich durch ein Wechselbad der Gefühle. Zu allererst empfinde ich pure Wut. Ich bin der absoluten Überzeugung, dass sich Software bedingungslos dem Nutzer zu unterwerfen hat. Von einer Software gesagt zu bekommen, was ich zu tun und zu lassen habe, oder -- noch schlimmer -- wie ich es besser machen könnte (Stichwort: Word-Autokorrektur), entmündigt mich und beleidigt mich zutiefst. Da ich selber Software schreibe, fühle ich mich dann jedesmal so, als würden sich von mir geschaffene Kreaturen gegen ihren Herren erheben. Die Geister, dich ich rief...

Nach der ersten Wut kommt dann, besonders in so krassen Fällen wie dem hier geschilderten, echtes Mitleid. Mitleid deshalb, weil ich ein überzeugter Gegner der Todesstrafe bin. Und zweifellos wird man den Entwickler, der so schockierend schlecht implementiert hat, mittlerweile an die Wand gestellt haben. Etwas anderes kann ich mir leider nicht vorstellen. Wieder einer weniger. Seufz.

Nun sollte man meinen, dass sich nach 50 bis 60 Jahren mehr oder minder professioneller Softwareentwicklung derartig schlechte Entwickler langsam aus dem allgemeinen Genpool herausgemendelt haben. Aber leider zeigt die Praxis, dass dem nicht so ist. Der Prozess dauert offenbar noch an, die Evolution ist in vollem Gange. Als überlegene Art im Sinne Darwins "Survival of the fittest" deutet sich übrigens der Ingenieur an: durch heftiges Schütteln der leeren Tonerpatrone in Tateinheit mit einem sanften Tritt gegen das Gehäuse konnte ich den Drucker davon überzeugen, noch ausreichend Cyan-Toner zur Verfügung zu haben. Und mit Hilfe des sich auf so wundersame Weise herbeimaterialisierten Toners konnte ich dann auch endlich mein Fax abschicken.

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