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Montag, 25. Juli 2011

Jump 'n' Run

Heute hat es in New York geregnet. Nicht sehr stark... nach 10 Minuten im Regen war mein Hemd nicht einmal durchgehend nass, sondern es ließen sich auf dem Stoff noch abgegrenzte, einzelne Regentropfen ausmachen. Da es außerdem wieder recht warm war, empfand ich den Regen sogar als halbwegs angenehm.

... und outete mich damit sofort als Touri.

Denn der New Yorker, so musste ich heute zum wiederholten Male feststellen, scheint ausgesprochen wasserscheu zu sein. Kaum fällt etwas Niederschlag, kramen die Leute weiß-ich-nicht-wo einen Schirm hervor und versuchen sich vor den Wassertropfen zu schützen als regne es pure Batteriesäure.

Nun ist es so, dass die Gehwege schon bei trockenem Wetter immer rappelvoll sind. In dem dichten Gedränge bahnt man sich dann entweder mit ausreichend Masse oder ausreichend Geschwindigkeit seinen Weg oder wird andernfalls rigoros aus der Spur geschubst. Ich persönlich wähle übrigens den Ansatz "ausreichend Geschwindigkeit". Wenn nun aber bei Regen fast jeder einen aufgespannten Schirm mit sich herumträgt und plötzlich die doppelte Gehweg-Grundfläche benötigt, trägt das nicht gerade zur Entspannung der Lage auf dem Trottoir bei.

Bei mir kommt außerdem doch hinzu, dass die Zacken, an denen der Schirmstoff befestigt ist (also die Enden der "Gräten" des Schirms), unter Berücksichtigung der Körpergröße und Schirmhaltung typischer New Yorker(innen) genau auf meiner Augenhöhe liegen. Gut, dass ich eine Brille trage! Wenn ich mir nun also den Weg durch die beschirmte Menge bahne, ist das für mich ein ständiges Ausweichen, Kopf wegneigen, Ducken usw., um keine ernsthaften Verletzungen zu erleiden.

Besonders spektakulär sind Ampelkreuzungen. Aufgrund der im allgemeinen ziemlich maroden Infrastruktur bilden sich auch bei nicht so heftigem Regen große Regenwasserpfützen an den abgesenkten Bordsteinen der Fußgängerampeln, weil die Kanalisation offenbar nicht mitkommt. Vor den Lachen sammeln sich bei roter Ampel dann je zwei Dutzend Fußgänger auf jeder Seite. Und eben Volker.

Die nächsten Sekunden verlaufen dann wie in einem Jump 'n' Run Spiel:
  • Warten bis keine Monster ääääh Autos mehr aus der Querrichtung kommen...
  • Die Straße ist frei. Start! Sprung aus dem Stand über die 1,5 m breite Pfütze.
  • Vor mir eine Phalanx bunter Regenschirme der gegnerischen Ampelgruppe, die mit wachsender Geschwindigkeit auf mich zukommen!
  • Erster Schirm! Oberkörper nach rechts, ausweichen!
  • Zweiter Schirm! Ducken!
  • Dann für Bruchteile einer Sekunde eine Lücke zwischen zwei dicken Leute mit großen Schirmen! Oberkörper seitlich drehen, im Seitschritt durch die beiden durch, bevor sich die Lücke schließt!
  • Sprung über die Pfütze an der gegenüberliegenden Straßenseite! Nicht auf den abgeschrägten, feuchten, glatten Pflastersteinen ausrutschen, auf denen ich lande... das gäbe Abzüge bei den Lebens-Punkten.
  • Usw.
Das fühlt sich wirklich an wie Super Mario oder Giana Sisters, aber eben live und in Farbe. Nur schade, dass ich anders als die Videospielfiguren nicht auf meine Gegner draufspringen oder sie mit Feuerbällen abschießen darf. Aber eigentlich würde mir schon reichen, wenn ich den Cheat-Code fände, nach dessen Aktivierung alle ihre Schirme zuklappen und ich wieder freie Bahn hätte...

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