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Sonntag, 24. Juli 2011

Zu Fuß auf Schienen durch den Park

New Yorks neueste Attraktion ist der "High Line Park", eine gut 2 km lange, zur Parkanlage umgestaltete alte Hochbahntrasse im Westen Manhattans (Webseite, Wikipedia). Gebaut in den 1930er Jahren ermöglichte die Hochbahn den Warentransport per Schiene auf Höhe des dritten Stockwerks, so dass der Straßenverkehr durch die Züge nicht mehr behindert wurde. Mit dem zunehmenden Einsatz von LKWs wurde die Trasse aber immer weniger frequentiert und Anfang der 1980er Jahre dann endgültig aufgegeben. Seitdem verfiel die Anlage.

Vor ein paar Jahren fing dann eine handvoll Leute an, die Trasse zu retten und mit Hilfe von Sponsoren in einen Park umzugestalten. Das erste Teilstück wurde 2009 freigegeben, das zweite vor ca. 6 Wochen, also Anfang Juni 2011. Nun kann man also über den Straßen von New York in etwa von der 14. Straße bis zur 30. Straße in Nord-Süd-Richtung spazieren, auf der einen Seite den Hudson, auf der anderen Manhattan. Klar, dass ich mir als halber Eisenbahner das nicht habe entgehen lassen.

Leider war ich nicht der einzige mit der Idee, an einem bewölkten aber recht warmen Sonntag den "Hochpark" aufzusuchen. Wie man sehen kann, war die Anlage ganz gut besucht:

Gedränge entlang der alten Hochbahntrasse, etwa
auf Höhe der 30. Straße

Die alten Schienen wurden entweder entfernt oder künstlerisch wertvoll in die Anlage integriert (z. B. in den Boden eingelassen oder als Deko-Element in die Beete integriert). Der Weg selber ist gepflastert, mit Beeten gesäumt und immer wieder unterbrochen von Kurven und "Plattformen", wo man ausruhen oder sich unterhalten kann:

Aufweitungen und Plattformen entlang der Trasse erlauben es,
sich auszuruhen und den Ausblick zu genießen

Sogar an Liegen haben die Parkerbauer gedacht!

Und wie so oft in New York bietet sich auch beim Besuch des High Line Parks ein Kontrast aus alten Backsteingebäuden (rechts im Bild) und moderner Protzarchitektur, in diesem Falle noch ergänzt um ein paar Blumenbeete:

Moderne Glasfassaden im Dialog mit alten Backsteinhäusern gesäumt
von Blumenbeeten. Und Scharen von Touristen.
Leider gibt die ungewöhnliche Perspektive aus dem dritten Stock auch schonungslos den Blick frei auf den desaströsen Zustand ganzer Straßenzüge in New York. Das folgende Foto mag als Beispiel dienen, enthält aber noch viiiel zu wenig Schlaglöcher, um als wirklich repräsentativ zu gelten. Nochmal zur Erinnerung: wir sind in Manhattan, 10. Avenue; die berühmte "Fifth Avenue" ist nur einen Kilometer entfernt (allerdings liegen die vielen bekannten Läden weiter nördlich an der 5th Ave.), die Penn Station und der Madison Square Garden sind nur etwa 2 km Luftline entfernt. Und trotzdem sieht es aus wie in einer heruntergekommenen Kleinstadt, die nachts heimlich von Putz und eimerweise frischer Farbe träumt. Nur dass in einer heruntergekommenen Kleinstadt meistens keine Porsches am Straßenrand parken:

Nur wenige Gehminuten von Midtown Manhattan scheinen Zeit, Geld und
Renovierungswille in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts steckengeblieben
zu sein. Allein die Autos erinnern an die Neuzeit.

Zum Schluss noch ein Hinweis an alle Braunschweiger: eine derartige Weiternutzung abgängiger Schieneninfrastruktur gibt es nicht nur in New York! Auch in Braunschweig wurde eine alte Industriegleisanlage zu einem Rad- und Fußweg umgewidmet, der sich in einem großen Bogen vom alten Westbahnhof bis hinauf zum Ölper See um das westliche Braunschweig spannt: das sog. "Ringgleis". Aus Radfahrsicht ist das wie eine Umgehungsautobahn: zwar etwas länger als durch die Stadt, aber man kommt wesentlich schneller und landschaftlich schöner vorwärts. Allerdings, das muss ich ehrlich zugeben, ist der High Line Park doch noch eine etwas andere Hausnummer als das Ringgleis in Braunschweig. Das mag auch an der Wolkenkratzer-Kulisse liegen, die Braunschweig (zum Glück!?) (noch?) nicht bietet.

Bildquellen: alle Bilder sind eigene Aufnahmen.

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